Donnerstag, 27. November 2008

Individualität versus Individualität

Der Titel klingt gewiss seltsam. Gleiches gegeneinander zu stellen klingt nach Ambivalenz, nach einem Paradoxon.

Die Individualität ist uns Menschen ein angestrebtes Ziel, ein zu bewahrender Zustand, dessen Verlust einem Verlust eigener Persönlichkeit gleichkommen scheint.

Individualität gleich Persönlichkeit?

Zumindest so haben wir uns dies verinnerlicht und bereits diese Frage wirkt befremdlich.

Fest steht : jeweils eigene Bedürfnisse erklären wir rhetorisch mittels der Individualität. Quasi :  "weil ich ein Individuum bin, so steht mir dieses oder jenes Recht zu (für meine Bedürfnisse einzustehen und sie zu äussern)".

Doch kann sich das einzelne Individuum aus sich selbst heraus legitimieren? Sich überhaupt als Individuum betrachten? Braucht es dazu nicht viel eher die Vergegenwärtigung des Kollektiv's als etwas nach außen gerichtetes? Ohne das Kollektiv wäre das Individuum "bloß" ein Einzelwesen. Ein Einzelwesen, welches sich bereits schon durch diese Tatsache als Besonderes, als etwas Einzigartiges, betrachten könnte. Als eigenständiger "Teil der Welt".

Viele Menschen leben in der subtilen, aber allgegenwärtigen Angst, das Kollektiv könnte ihnen die Rechtfertigung der Individualität absprechen. Und damit einhergehend Identität. Diese Angst macht einsam. "Einsam" daher, weil das Kollektiv nicht mehr nur das System ist, in dem sich die eigene Identität eingliedert, sondern zugleich die Befremdliche, von Aussen betrachtende Masse. "Ich und die Anderen".

So ist es uns wichtig zu wissen, dass die anderen Individuen die selben Bedürfnisse teilen. Durch Austausch vergegenwärtigen wir uns die unbewusst, aber unablässig. Wir sprechen uns Verständnis zu, teilen uns ökologische Aufgaben und nicht zu vergessen : die Kunst!

Ja, sie ist geradezu prädestiniert für diesen Austausch.

Aber durch den Geschmack, die Vorlieben, wird auch die quasi "negative" Form der Individualität gewahrt. Durch Gleichheit und Verschiedenheit werden wir in diesem Puzzle zu etwas Einzigartigem, ja, zum Individuum. So seltsam das auch klingen mag.

Das Individuum besteht in der Gesellschaft also nicht nur durch Gleichheit als Individuum, sondern ebenso durch das voneinander Trennende. Auch Ansichten, Meinungen gehören dazu und es entspricht der Abwägung, in welchem Masse und in welchem Teil der Gesellschaft wir uns bewegen und und ein -oder ausgliedern.

Die Individualität ist also an das Kollektiv gebunden. Die eigene Identität Teil der Masse in der Gesellschaft.

Sich darin zu orientieren, beschreibt den Weg den das einzelne Individuum begeht. Und zugleich die Identität. Aber ob diese Orientierung mit Identität gleichgesetzt werden kann, bleibt fraglich.

Sonntag, 2. November 2008

Atheismus versus Glauben

Bezüglich grundsätzlicher Ansichten über religiösen Glauben gibt es ja zahlreiche Varianten. Im Zentrum aller Fragen steht die über Wahrheit. Was soll wahr sein und was nicht. Welche Religion, welche Ausrichtung und ob überhaupt Religion. Der Atheist verneint letzteres.

Doch welche Kriterien lassen Atheisten zu diesem Schluss kommen? Auch da gibt es zahlreiche Varianten. Denn Einen geht es um Politisches, nämlich die, welche in der religiösen Dogmatik Einschränkung von Freiheit sehen. Anderen geht es mehr um's Inhaltliche. Wenn auch ihre Motivation meist der grundsätzlichen Ablehnung der Dogmatik entspricht.

In der Frage um Wahrheit lassen sich zwischen religiösem Glauben und Atheismus zwei Dinge ausmachen : religiöser Glauben ist sehr spezifisch. Während der Naturalismus universell ist. Atheisten stützen sich bekanntermassen auf den Naturalismus.

So dringen wir immer weiter in den Kern vor. Ab einem bestimmten Punkt kommen erkenntnistheoretische Aspekte zum Zuge. Ab da befinden wir uns also im Reich der Metaphysik.

Die zentralsten metaphysischen Positionen des Atheismus sind der Empirismus und der Realismus. Auch wenn dies manchen erklärten Atheisten nicht bewusst ist, so entsprechen diese Positionen dem was sie als "rational" bezeichnen.

Gepaart mit weiteren Positionen wie Strukturalismus usw stützt sich also der Atheist auf ein durchaus simples erkenntnistheoretisches Verständnis.

Interessanterweise übernehmen vermehrt aber auch religiös Gläubige diese metaphysische Weltsicht. Besonders Diejenigen welche sich im Zuge der Debatten "Religion versus Atheismus" den Naturalismus zu ihren Gunsten auslegen versuchen. So werden gar Erkenntnisse aus Naturwissenschaft dermaßen verfälscht, nur damit sie in's Bild der Überlieferung passen.

Entspricht also falsifizierbarer Empirismus der Wahrheit?

Das Phänomen, dass selbst innerhalb einer Erkenntnistheorie verschiedenste Wahrheiten bestehen können, zeigt sich auch in der Naturwissenschaft. Im interdisziplinären Vergleich. Manche selbsterklärte Naturalisten (im metaphysischen Sinn gemeint) mögen gar über Geisteswissenschaften ein verachtendes Lächeln übrig haben. Weil sich da oftmals nicht empirisch falsifizieren lässt. So etwa besitzt die Tiefenpsychologie nach wie vor einen schweren Stand unter den psychologischen Disziplinen. Und selbst die Psychologie muss im modernen, populären Weltbild immer mehr den deterministischen Erklärungsversuchen aus Neurologie und gar Genetik weichen.

Da es nur eine Wahrheit geben kann, ist uns auch nur ein erkenntnistheoretischer Standpunkt zulässig. Klar ist : eine Disziplin welche die Beschaffenheit und die Mechanismen der Natur erklärt muss sich auf eine erkenntnistheoreitische Sicht festlegen. Diese Weichen wurden ja bereits schon im Mittelalter gestellt. Ohne diese Festlegung würde es den Wissenschaften an Effizienz wie auch an Glaubwürdigkeit fehlen.

Andererseits hat die Festlegung lediglich einen zentralen Sinn : die Methodik zu bewahren und gewährleisten.

Wie wir die Welt, das Leben ergründen, hängt also in erster Linie von der erkenntnistheoretischen Festlegung ab. Diese sind aber nie absolut, sondern perspektivisch.