Dienstag, 23. September 2008

Religionsfreiheit versus Infiltration

Diese Thematik ist eine weitreichende. Die greift in die verschiedensten Disziplinen, betrifft verschiedenste Institutionen.

Aus dem Misstrauen gegenüber der alteingesessenen römisch-katholischen Kirche und dem gleichzeitigen Streben nach Freiheiten, entstand während der Epoche Aufklärung die Idee der Religionsfreiheit. Entsprechend der Meinungsfreiheit stand auch sie ganz im Zeichen des damaligen beginnenden Individualismus.

Insbesondere die Künste und die Philosophie kannten bis dahin eine wenigstens gedankliche Freiheit/Unabhängigkeit gegenüber den fest mit der Politik verzahnten Kirchen. Demokratie, Pluralismus und Föderalismus waren auf politischer Ebene nicht mehr aufzuhalten und trugen diesem Bestreben nach persönlichen Freiheiten Rechnung. Sie waren sozusagen die politisch-institutionelle Umsetzung.

So konnte gar auch das Judentum aus dem Schatten der Isolation treten.

Welche Rolle spielt die Religionsfreiheit denn eigentlich in unserer Dekade? Klar ist : kaum jemand der in einem säkularen Staat lebt, möchte sie missen. Doch finden Bewegungen statt, welche für die Glaubensfreiheit eine Gefahr darstellen.

In der europäischen, westlichen Welt nehmen wir die sogenannte "schleichende Islamierung" als eine dieser Gefahren wahr. Doch ist es in erster Linie die Globalisierung die dies erst zum Thema werden liess. Die wirtschaftlichen, politischen Beziehungen und Verhältnisse auf der einen Seite und die Einwanderer aus der arabischen Welt auf der anderen Seite. Themen wie Terrorismus heizen diese Thematik dann noch auf und selbst erklärte Atheisten werden dann plötzlich zu "christlichen Kultur-Verteidiger".

Ein ganz anderer Schauplatz : der Kreatonismus. Er ist quasi die Anti-Bewegung zum Säkularismus. Auf die Seite des Kreatonismus gesellen sich die evangelikanischen Erweckungsgläubigen. Ich nenne diese auch gerne "Apokalyptiker". Kurzum : auch in der christlichen Welt macht sich eine Bewegung breit die nach Dogmatik strebt. Bis hin in die Wissenschaft und in's Schulwesen greifen deren dogmatischen Forderungen. Auch das neu gewonnene Selbstbewusstsein der römisch-katholischen Kirche sowie die nun wieder florierende russisch-orthodoxe Kirche beziehen nun wieder Position.

Überhaupt lässt sich das globale Phänomen nach lokal-regionaler Unabhängigkeit mit Blick auf jeweilige kulturelle Traditionalität nicht übersehen! Der Rückgriff auf die Tradition scheint wieder en vogue!

Und rhetorisch wird mit dem schlagkräftigsten aller Argumente um sich geschlagen : Freiheit!

Ist dies nicht ein eklatanter Widerspruch zu dem was vor gut 250 Jahren seinen Lauf nahm?

Der eigene religiöse Bezug eines Individuum's ist eine Mischung aus der jeweiligen Identität und der eigenen biographischen Geschichte. Dies gilt selbst für überzeugte Atheisten.

Freiheit kann nicht dadurch bestehen, den eigenen Bezug auf Andere ausweiten zu wollen!

Ganz im Gegenteil bedeutet Freiheit Respekt und Gewährung des Gegenübers.

Religionen leben von ihren jeweiligen Überlieferungen, sie sind kultureller Natur. Sie sind auch essentielle Substanz der Zivilisation. Es stimmt tatsächlich, dass auch Religionen kulturell übertragbar sind. Es ist also ohne Weiteres möglich, einen fremden Glauben anzunehmen, zu konvertieren. Gleichzeitig aber, ist eine Religion nie aus ihrem kulturellen Kontext trennbar.

Einen anderen Glauben anzunehmen, muss also aus freien Stücken, aus freier Entscheidung, geschehen! Weder darf dies erzwungen, noch verhindert werden!

Da eine jede Religion Teil einer Kultur ist, entspricht der individuelle religiöse Bezug wiederum der kulturellen Identität.

Ein Begriff der schnell mal unversöhnlich macht : "Wahrheit".

Auf ihre Überlieferungen berufend, besitzt eine jede Religion eine Art "spezifische Wahrheit".

Diese Wahrheiten entsprechen dem, was aus diesen Überlieferungen gezogen werden kann.

Ein bestimmtes Ereignis fand statt oder nicht. Darauf wird der religiöse Wahrheitsbegriff leider oft beschränkt! Mit fatalen Folgen.

Somit wird religiöse Überlieferung mit historischer Überlieferung gleichgesetzt, was zu Unversöhnlichkeit führt.

Doch längst haben manche Religiöse erkannt, dass es sich im Namen der "guten Absicht" glaubwürdiger bekehren lässt. Durch geschickte Rhetorik und vordergründige Sympathiebekundung lassen sich neue Gläubige nachhaltiger anwerben! Und schliesslich sieht es bei Erfolg so aus, als ob es sich um eine freie, unbeinflusste Entscheidung handeln würde.

So gibt es im modernen Missionieren zwei grundsätzlich verschiedene Methoden : Verdrängung und Infiltration. Und auch die Infiltration unterscheidet sich. Die offensichtliche Infiltration und die versteckte. Das ihnen Gemeinsame ist, dass Infiltration über die Kultur geschieht. So gleicht man sich der zu infiltrierenden Kultur an und verändert dann deren Elemente. Die Variante der offenen Infiltration kennen wir in der Historie von den Römern. Indem sie Götterfiguren der Griechen übernahmen und sie an die eigenen Kultur anglichen. Interessanterweise wandte das aufkommende Christentum das Selbe an. Die römische Kultur wurde mit dem christlichen Glauben infiltriert. Die Übernahme kultureller römischer Elemente und Verständnisses führte später dazu, dass das Christentum römisch geprägt war. Selbst die spätere Verzahnung mit der Politik ist darauf zurückzuführen. So konnte das Christentum über macht expandieren. Doch im Zuge der Religionsfreiheit/Säkularismus des beginnenden 19. Jahrhunderts konnte die Machtstellung des Christentums nicht mehr über die Verzahnung mit der Politik legitimiert werden. Während dieser Zeit schossen neue religiöse Strömungen aus dem Boden. Ebenso auch karitative Institutionen (zB das Rote Kreuz). Zur vorherrschenden Methode des Missionieren's wurde damit wieder die Infiltration im Gewand der karitativen Tätigkeit. Der offensichtlichen Verdrängung wurde nun abgesagt.

So treibt also das Streben nach Bekehrung seltsamste Blüten. Die Infiltration hat den Effekt, das Unterscheidungen zwischen niederer Absicht und aufrichtiger Absicht nicht mehr so leicht zu machen sind.

"Mission" ist freilich ein grosser, Begriff unter dem manches zu verstehen ist. So muss unter "Mission" nicht gleich "Bekehrung" verstanden werden. Somit wird aber auch dieser Begriff schändlich missbraucht. Das Wort Bekehrung wird von solchen die Bekehrung als Absicht haben, in der Regel strikt vermieden. Sie nennen es "Verkündung".  Doch dieses "Verkünden" hat wenig mit Meinungsfreiheit gemein! Viel eher handelt es sich um ein aufsässiges Fordern!

Gehen diese Forderungen im Namen des missionarischen "Verkünden's" gar so weit, dass die Opfer getäuscht werden (Infiltration), ist es besonders perfid!

Paradebeispiel dafür sind Christen welche sich jüdische Symbolik aneignen um für die Opfer vertraut und glaubwürdig zu wirken. Besonders verwerflich : die so genanten "missionarischen Juden", welche bereits durch ihre Namensgebung täuschen.

Religionsfreiheit wird also auch Religiösen missbraucht.

Der Dialog zwischen den Religionen, Konfessionen, und der Politik drängt sich immer mehr auf.  Dabei dürfen solche Austausche nicht im "political correctness" stecken bleiben, sondern es müssen Inhalte definiert werden.

Möchten die grossen Religionen und Konfessionen ihre Glaubwürdigkeit bewahren, so liegt es an ihnen, aktive Bekehrung abzulehnen!

Auf die Dauer kommt man nicht herum, den religiösen Wahrheitsbegriff neu zu klären. Angst, das sich Gläubige deswegen abwenden könnten, darf man dabei nicht haben. Glaubwürdigkeit bewahrt man nicht dadurch, dass man an alten Konventionen festhält, sondern die tiefen, ursprünglichen Werte auf das Geschehen im Heute anwendet.

Freitag, 12. September 2008

Tradition

Sprechen wir von "Tradition" so meint man damit den Rückgriff auf das Bewahrende.

Vorstellungen, Verhalten, Konventionen, Regeln usw

So erscheint Tradition vielen nichts weiter zu sein, als das Konservieren des Alten, des Bisherigen.

Blickt man nun in die Geschichte, so fällt auf, dass gegen Erneuerungen stets mit der Berufung auf Tradition, auf das Bewahrende, entgegengetreten wurde. Tradition gab es also in der Kulturgeschichte immer.

Was eine rhetorisch-argumentative Berufung auf das Bewahrte stets leichter machte : man konnte auf bewährte Erklärungen zurückgreifen. Doch im Überblick auf die Historie offenbart sich, dass das Erneuern ebenso zur Tradition gehört wie das Bewahren!

Angesichts der Kultur -und Zivilisationsgeschichte kann man sagen, die fortschreitende Entwicklung (welche wir im Überblick als lineare Entwicklung betrachten) und gar gelegentliche Absage an das Bisherige, gehört ebenso zur Tradition!

Diese Ambivalenz könnte zur Annahme verleiten fortschreitende Entwicklung könne nur in dieser Ambivalenz, in dieser Wechselwirkung geschehen.

Da haben wir also eine Dialektik vor uns, welche also beiden Pole rechtfertigen scheint.

Gegenläufige Entwicklungen damit, dass sie der Abstraktion dienen würden weil man anhand der Fehler im Neuen das Bisherige bestätigen könnte. Und umgekehrt erneuernde Entwicklungen zur Rechtfertigung verschaffen, dem Bisherigen den Spiegel vorzusetzen, es zu entblössen.

Doch, warum offenbart sich diese Ambivalenz erst auf den zweiten Blick?

Gründe dafür gäbe es einige. Einer davon ist der, das die technische Entwicklung eindeutig linear verläuft. Dies täuscht also darüber hinweg. Doch der Ursprung davon liegt ein wenig tiefer. Er liegt im ewigen Bestreben nach Komfort, nach Entfaltung. Der urmenschliche Drang, nach Verbesserung, nach Optimierung. Das Ideal als ewig vorschwebende Vision. Das Ideal, auf das sich in letzter Konsequenz alles zu richten scheint.

Das Neue wäre also ohne diesen Antrieb gar nicht möglich.

Doch das Neue basiert auf dem Bisherigen. Eine Vision kan zwar neu geschaffen, doch nur aufgrund des Bisherigen umgesetzt werden. So gesehen bedeutet das Neue auch immer Rückgriff auf das Bisherige. Und "verschmelzen" somit zur eigentlichen Tradition als Symbiose . . .

Dienstag, 9. September 2008

Religionsfreiheit 2

(siehe unten)

Die nun auf politischer und institutioneller Ebene umgesetzte Religionsfreiheit bedeutete für die einzelnen Individuen vor Allem : das Religiöse war nun nicht mehr durch Herkunft bedingt und die Teilnahme am religiösen Leben keine Bedingung mehr.

Doch trotz diesen Freiheiten brauchte es noch lange, bis Frieden nicht mehr als Kompromiss für die Freiheit verinnerlicht wurde, sondern als Bedingung dafür. Doch die Weltpolitik erzählt uns auch anderes. Vermittelt uns auch immer wieder, Freiheit sei etwas Bedürfnis-spezifisches.

Und auf der Ebene des Verhältnisses Individuum - Kollektiv durchdringt auch das Verständnis, Freiheit wäre die Vertretung irgendwelcher spezifischer Interessen.

Doch nicht nur Nihilisten vertreten meist dieses Verständnis, sondern auch religiös Gläubige!

Das "sowohl als auch" verliert auch unter religiös Gläubigen zusehends an Bedeutung. Entscheidend scheint lediglich noch das Bewusstsein um eine Wahrheit. Da es ja nur eine Wahrheit gibt, kann ja nur eine Religion oder eine im Kontext zur Religion stehende Auffassung die Richtige sein! - so "unser" neuzeitliches Verständnis.

Und die Freiheit ? Sie verkommt allmählich zur blossen argumentativen Rhetorik! Freiheit als Legitimation zur Bekehrung? Freiheit als Legitimation das anders denkende und anders gläubige Gegenüber übler Absicht zu bezichtigen?! Dummheit und Verkennung von Wahrheit zu unterstellen?!

Im Gegensatz zum Judentum haben Christentum und Islam dem bekehrenden Missionieren nicht abgeschworen. Und Diejenigen Gläubigen dieser beiden Religionen welche eigenes Praktizieren des Glaubens mit dem des Kollektiv's gleichsetzen, missachten die einst gewonnenen Freiheiten! Sie stellen ihre Eigenmotivationen wieder über das Kollektiv, über das Recht des Einzelnen.

Besonders perfid, wenn dies über Täuschung und im Namen des Guten geschieht! Rhetorisch geäusserte Fürsorglichkeit und karitative Tätigkeit haben die einst blutigen Schwerter abgelöst.

Nicht mehr die institutionelle Macht soll Andersgläubige bekehren, sondern der zu bekehrende Andersgläubige soll selbst überzeugt sein, dass ihm die Bekehrung gut täte.

Im Namen der Freiheit soll per "Verkündung" die Freiheit selber untergraben werden! Wahrheit steht somit über dem Recht. Doch es sind Wahrheiten von denen es zahlreiche gibt. Jede religiöse Strömung, Gruppierung, Konfession und Religion besitzt ihre eigenen Wahrheiten.

Keine dieser kann aber falsch sein, solange sie sich in Demut zur Wahrheit befindet. Eine Demut die bedeutet, dass die ontologische Wahrheit dem Menschen nie vollumfänglich zugänglich sein wird. Dass wir Menschen die Göttlichkeit nicht wissen, sondern "lediglich" erahnen können.

Der Turm von Babel ist Vision. Vision des Gemeinsamen. Doch das Leben findet auch im Gegensätzlichen, oft gar im Widersprüchlichen statt. Erst das sich Ergänzende ergibt die Einheit.

Dazu brauchen wir nur einen etwas tieferen Blick auf die Mechanismen der Natur zu werfen.

Eine institutionelle Bedingung für Glaubensfreiheit ist für mich die Absage an das bekehrende Missionieren.  So sähe ich es als Notwendigkeit, würden die evangelisch-reformierten Landeskirchen (übergeordnet - ev.ref. Kirchenbund) das missionarische Bekehren Andersgläubige offen ablehnen, verurteilen; und Freikirchen welche dies nicht ebenso praktizieren, vom Kirchenbund ausschliessen. Gerade in der Tradition der historischen Reformation und des Humanismus stehend, und einst auf Freiheit und Recht plädierend, sollte dies eine Selbstverständlichkeit sein. Wenn auch die evangelisch-reformierte Kirche in ihrer Geschichte nicht frei von Ungerechtigkeit und Verletzung von Würde, so gilt da die zwinglianische Auffassung einer bekenntnisfreien Theologie! Gewiss nicht ein liturgisch-formelles Bekenntnis wäre da hinderlich, sondern die Rückbesinnung dass die Bibel im ursprünglichen zwinglianischen Verständnis auslegefrei ist.

Doch religiös-theologische Auslegefreiheit beschränkt sich in der Konsequenz nicht innerhalb der eigenen Konfession!

 

Religionsfreiheit 1

Oft ist man vor die Frage gestellt, ob die Religionsfreiheit noch eine Selbstverständlichkeit ist. Die Thematik Religionsfreiheit betrifft vor Allem zwei Bereiche : die staatliche Umsetzung/Regulierung und der interreligiöse Kontakt.

Im Zuge der Aufklärung des ausgehenden 18. Jahrhunderts begann sich die Religionsfreiheit auf politischer Ebene durchzusetzen. Säkulare Staaten garantierten ab Beginn des 19. Jahrhunderts erstmals freie Ausübung einer Religion und trennten die staatliche Verzahnung mit der Kirche.

Aus geistesgeswissenschaftlicher Sicht begann die Entwicklung hin zur Religionsfreiheit jedoch bereits im Hochmittelalter während der Scholastik. Doch damals waren es noch andere Gründe als Freiheit und Gerechtigkeit welche Denker und Geistliche der Kirche und den Fürsten vorhielten. Philosophische Gedanken und religiöse Auslegungen kollidierten lange vor der Reformation mit den Dogmen der Kirche. Und auch die Reformation brachte noch keine eigentliche Religionsfreiheit.

Doch immer mehr manifestierte sich das Bewusstsein, dass nicht nur eine theologische Auslegung möglich ist. So führten dann mehrere Faktoren dazu, dass man sich auf politischer Ebene für die staatliche Religionsfreiheit entschied. Der Erfahrungshorizont erweiterte sich um die Entdeckung der Welt, um technische Errungenschaften und um naturwissenschaftliche Erklärungen von Dingen und Mechanismen in der Natur. Und durch die Archäologie wurde die Historie entdeckt.

Und die Epoche der Romantik festigte allmählich ein tieferes Bewusstsein für das Individuum.

Die Welt wurde nicht mehr "nur" durch Gott erklärt, sondern ebenso auch durch die eigene Sicht auf die Welt. Das eigene Empfinden des Individuums erhielt Gewicht in der Ethik und Moral und die vormalige Selbstverständlichkeit dass sich das Individuum dem Kollektiv unterordnen muss, begann zu bröckeln.

Das Wort, der Begriff "Freiheit" war nun in aller Munde uns setzte sich auch argumentativ-rhetorisch durch. "Freiheit" im Sinne der persönlichen Entfaltung. Dazu gesellte sich der Begriff "Gerechtigkeit", der für das Verständnis über Freiheit unerlässlich ist.

Doch Freiheit beschränkte sich in diesen Zeiten noch auf das Persönliche, auf das Private. So auch auf die freie Ausübung der eigenen Religion.

Im Zuge dieser freien Ausübung spriessen neue Konfessionen/religiöse Strömungen aus dem Boden. Und aus privater Initiative heraus entstandene karitative Institutionen nahmen sich dem Leid Einzelner an. So etwa das Rote Kreuz.

Doch eines hatte sich im Bewusstsein dieser Epochen noch nicht manifestiert : das Freiheit und Gerechtigkeit Frieden bedingt.