Dienstag, 26. August 2008

Warum die Welt nie so sein wird wie wir sie wollen - oder : von etwas ganz Banalem

Kaum auf der Welt, lernen wir dass es Dinge, Zustände in der Welt gibt, die besser, die optimaler sein könnten.

Dass heisst es gibt einerseits das wie wir es vortreffen und das wie es wünschenswert wäre. Grundsätzlich wissen wir, dass wir etwas wollen.

Das klingt durchaus banal. Und ebenso banal klingt die Folge davon : wir verändern die Welt.

Verändern sie zu unseren Gunsten.

Doch warum tun wir dies? Sind wir grundsätzliche Pessimisten? Trauen wir weder Gott noch der Evolution?

Die Motivation die dahinter steht ist prinzipiell stets eine gute. Genau, wir wollen nämlich das Gute.

Aber auf dieser Ebene lässt sich noch nicht abwägen oder eruieren was denn nun das jeweilige Gute sei. Dieses "Gute" ist ganz allgemein, rein grundsätzlich. Dermassen grundsätzlich dass jemand sogar absichtlich Schlechtes tut; aber Schlechtes zu tun, hält er eben für "gut".

Im juristischen Jargon würde man da etwa von "Vorsätzlichkeit" sprechen. Und so hinken wir quasi immer dem was wir wünschen -  also dem Guten - hinterher. Denn das Optimum ist nie erreicht. Besser könnte es immer sein. Und jetzt liesse sich gemäss der philosophischen Ethik fragen, ob es denn tatsächlich übergeodnete Werte gäbe. Für diese Frage haben die Gelehrten und Geistlichen der Geschichte einige Antworten bereit gestellt. Und manche dieser Antworten lohnt es zu prüfen.

Die erweiterte Problematik die sich stellt : wir wollen nicht nur, sondern wir artikulieren und argumentieren auch. Da ist es stets relativ simpel grundsätzlich zu argumentieren, man wolle ja schliesslich - genau - das Gute!

Und geht der/die Andere nicht darauf ein, so sprechen "wir" es ihm/ihr einfach ab - das Gute überhaupt zu wollen.

Es ist wahrlich banal

und die Folgen davon verheerend . . .

Mittwoch, 20. August 2008

Aufrüstung!! (wie Du mir - so ich Dir)

Heute war zu lesen, Russland reagiere auf die Sicherheitspolitik der USA in Osteuropa mit einer Gegenmassnahme.

Es wurde die Stationierung russischer Waffensysteme in Syrien genannt. Und ein Treffen auf oberster politischer Ebene zwischen den beiden Staaten hätte bereits stattgefunden.

Er war sogar zu vernehmen, Russland würde die Stationierung von Waffen in Kuba in Erwägung ziehen.

Und an einem anderem Schauplatz befindet sich gerade der französische Präsident der Familie 10 gefallener Soldaten kondoliert und der dortigen stationierten Truppe Durchhaltevermögen an's Herz legt.

Ja und überhaupt befinden sich die Weltpolitiker stets auf Mission, um ihre nationalen strategischen Ziele vorsorglich zu festigen.

Man weiss ja schliesslich nie . . .

Prophylaxe ist immer angemessen und aus Mittel zum Zweck wird schlussendlich politische Rhetorik. Und "Schutz" ist stets überzeugendstes Argument jeglicher politischer Rhetorik. Doch die Motivation die dahinter steht, offenbart sich erst bei der Umsetzung. Geht es um geopolitische, territoriale Interessen, kann es aber schnell mal zu spät sein. Der prophylaktische Schutz des Einen fordert dann nach politisch-kausaler Regel den Schutz des Anderen. Und so ergibt sich das eine um's andere.

Erstes Ziel dieser Prophylaxe sind aber nicht die Feinde, sondern die vermeintlichen Freunde. Strategische Etappen werden nicht mehr einfach per Waffengewalt annektiert, sondern es werden per Handshaking strategische Bündnisse geschaffen. Um Machtpräsenz und somit direkten Einflussbereich zu markieren.

"Zürich ist gebaut" sagte einmal die damalige zürcher Stadträtin Ursula Koch. Die Chefin des städtischen Hochbaudepartements erhielt für diese Aussage Häme. Doch meinte sie damit nicht, dass man in Zürich nicht mehr bauen soll, sondern bewusster und geordneter. Ihre politischen Gegner schlachteten ihre Aussage aus und Zürich verlor eine ihrer besten Politiker.

Könnte man nun sagen "Die Welt ist gebaut"? Die Grenzen endgültig gezogen?

Ein jeder Staat hat das Bestreben möglichst souverän zu sein. Möglichst unabhängig von Interessen Anderer. Doch dabei zählt nicht der zwischenstaatliche Konsens, sondern die Strategie zur Umsetzung. Leider. Viele Politiker dieser Welt haben es noch nicht verstanden, dass ihre jeweilige Bevölkerung in erster Linie nach Ruhe und angenehmen Lebensbedingungen strebt. Die Macht, der Einflussbereich des Einzelnen beschränkt sich auf sein Umfeld. Da findet das Leben statt.

Doch das Leben solcher Politiker findet auf internationaler Bühne statt; ihr Interesse gilt der Globalität. Doch der Preis der das Bestreben nach möglichst grossem Einflussbereich mit sich bringt, kann verheerend sein. Gar vernichtend.

Die Welt ist noch nicht gebaut, nicht endgültig. Und wird es wohl auch nie sein. Erst in dieser Einsicht ist Flexibilität, ist Konsens möglich.

Wer mit einer Waffe auf einen anderen zeigt, der darf nicht erwarten, dass der andere nicht darauf reagiert. Und hört dies niemals auf, so enden auch nie die Gefahren. Es gibt keine Sicherheit, dass der höchste Punkt dieser Spirale nicht erreicht werden könnte. Doch zu viel Angst könnte aber die Eigendynamik in der Spirale noch intensivieren.

Doch nicht erst diese Politiker tragen ihre Verantwortung. Sondern die Verantwortung liegt bei uns. Bei uns allen, welche solche Politiker gewähren lassen, ihnen Gehör schenken. Auf ihre Rhetorik der Interessewahrung hereinfallen. Das Kollektiv setzt solche Menschen an ihre Positionen. Und das Kollektiv sind wir. Solange wir Rechtfertigung für verwerfliches Handeln und Verhalten verlangen müssen wir uns ja auch nicht wundern, wenn dies andere, wenn dies unsere Politiker tun.

Dennoch liegt die Verantwortung in letzter Konsequenz bei denen, denn die Verantwortung aufgetragen wurde. Bei denen die sich freiwillig der Verantwortung annahmen. Eben bei diesen Politikern. Und wenn diese das nächste Mal die Hand ausstrecken, um eine "strategische Partnerschaft" zu besiegeln, so sollten sie sich zumindest mal bewusste sein, dass die damit das Gegenteil der ursprünglichen Motivation erreichen könnten . . .

Samstag, 16. August 2008

Ringparabel - ausgedient? Nr2

Die beiden genannten Interpretationen über Lessing's Ringparabel in "Nathan der Weise" sind also exemplarisch wie sehr wir bei Interprationen allegorischer Überlieferungen zu voreilig nach Richtigkeit streben.

Die Ringparabel ist Allegorie innerhalb eines literarischen Werkes, welches wiederum für eine Aufführung gedacht war. Dies schafft eine gewisse Abstraktion und wird durch die Handlung in "Nathan der Weise" selbst verkörpert. Quasi als bestätigende Geschichte um die Kernaussage herum.

Und natürlich betrifft dies in diesem Beispiel nicht "nur" das Verhältnis zwischen den drei monotheistischen Religionen, sondern auch unter den Konfessionen und jeweiligen Strömungen. Interreligiös, interkonfessionell wie aber auch bezüglich der religiösen Intensität. Vom religiösen Liberalismus bis hin zu Orthodoxie und gar Fanatismus.

Es betrifft die gesamte Kultur, ja es betrifft sogar das gesamte Denken des Einzelnen. So verlangen wir von der Überlieferung dass sie wahr zu sein hat. Und sonst soll sie sich gefälligst als Allegorie, als Mythos deklarieren! Doch führen wir uns da nicht selbst in die Irre, wenn wir nur noch zwischen "wahr" und "unwahr" unterscheiden?

Hinterfragen wir überhaupt noch die Kriterien die wir längst automatisiert haben?

Gewiss ist der Begriff "Wahrheit" ein für das menschliche Dasein essentieller Begriff.

Doch warum? Weil uns die Unwahrheit ebenso vertraut ist? Die Lüge, die Täuschung, die Ahnung? Ist es die Fantasie die uns in ihrer Abstraktion zur Realität Realiät erst bewusst werden lässt?

Unsere grösste menschliche Eigenschaft, die Vorstellungskraft, die uns ein Schnippchen schlägt?

Ein Paradox in der menschlichen Metaphysik!

Ob die Ringparabel also nun augedient hat oder nicht, hängt ganz von unserem Verständnis ab. Dieses jeweilige Verständnis ist geprägt von den eigenen Vorstellungen, Erfahrungen, von Bedürfnissen usw. Doch was da vom jeweils Einzelnen sich interkulturell, interreligiös auf das Kollektiv überträgt, ist nicht zu unterschätzen. Die Ringparabel ist meines Erachtens nicht einfach interkulturelles Eingeständnis à la "political correctness". Immerhin geht sie auf das 12. Jahrhundert zurück und ist somit längst Tradition. Doch das alleine legitimiert sie noch nicht. Sondern ihre inhaltliche Bedeutung. Eine Bedeutung welche über die allegorische Versinnbildlichung hinausgeht. Ein Zeugnis der religiösen, kulturellen Gleichwertigkeit . . .

Die Ringparabel - hat sie ausgedient?

"Nathan der Weise" heisst das Werk Lessing's in der die Ringparabel vorkommt. Die Ringparabel wurde von Lessing ausgeweitet, ergänzt und inhaltlich komplementiert. Bereits Boccacio nannte sie in seinem Werk "Decamerone und sie geht bis auf das 12. Jahrhundert zurück.

Die Ringparabel handelt von einem Vater und seinen drei Söhnen. Einem von ihnen möchte er einen Ring schenken, der symbolisieren soll, das der Träger des Ringes vom Vater bevorzugt geliebt worden sei.

In der Ahnung um einen Streit um den Ring und Kränkung deren beiden, die ihn nicht erhielten, lässt der Vater zwei Kopien anfertigen. Und überreicht jedem einen Ring im Glauben, den richtigen zu besitzen. Doch als der Vater stirbt, gehen die Söhne vor den Richter um zu klären, welcher nun der richtige Ring besässe.

Die Ringparabel soll die Gleichwertigkeit der drei monotheistischen Religionen verdeutlichen. Eine literarische Allegorie.

Dazu gab es verschiedenste Interpretationen. Eine davon war dass diejenige Religion am gottesgefälligsten wäre zu der sich am meisten Menschen bekennen würde.

Eine andere : je mehr Menschen einer dieser drei Religionen angehörig sei, desto gottesgefälliger die Menschheit.

Bei eingehender Betrachtung fällt auf, dass sich beide Interpretationen in den sich streitenden Söhnen wiederfinden. Nichts weiter als Konkurrenz! Keinem dieser Söhne wäre in den Sinn gekommen, dass der Vater alle drei gleichwertig geliebt hätte. Mögen sie auch noch so unterschiedlich sein, in dieser Frage (gegenseitige Konkurrenz) erwiesen sie sich als gleich. Hatte der Vater gar eine Vorahnung? Wollte er dies damit verdeutlichen?

Erstaunlicherweise lässt sich diese Interpretation in einschlägiger Komentarliteratur über "Nathan der Weise" nicht finden.

Kommt dies daher weil wir im Vergleich der Religionen zu sehr an die "richtige" denken? Weil wir uns zu sehr an Wahrheitsansprüche orientieren, als uns um Verständnisse zu bemühen?

Es scheint offensichtlich der Fall zu sein . . .

Montag, 11. August 2008

Jeder gegen alle

Jeder Mensch besitzt seine Identifikation.

Diese Identifikation ist ambivalent, ist aber auch vielschichtig. So besitzt jeder Mensch eine Art "äussere Koordinaten", welche quasi Teil dieser Identifikation ist. Staatsangehörigkeit, Wohnort, Religionszugehörigkeit; Alter usw. Man ist Städter man wohnt in der Agglomeration oder auf dem Land; in etwa so lässt sich dies noch zusätzlich differenzieren. So auch in Religion gibt es einige dieser Abstufungen, dieser Differenzierungen.

Und auch in Tätigkeiten identifizieren wir uns. Etwa Beruf oder Freizeitgestaltung.
Des Weiteren - und daher ambivalent - kommen noch die geistigen Identifikationsmerkmale hinzu, welche mit anderen einhergehen können. Etwa in Mitgliedschaften. Dazu gehört politische Gesinnung, religiöse-konfessionelle Ausrichtung, kultureller Geschmack usw.

So könnten wir über jeden Menschen dieser Welt ein Profil erstellen. Das Individuum.

Nur fragt sich allmählich was alle diese Merkmale (im Weitesten Sinn) über einen Menschen aussagen.
In früheren Epochen, als der Feudalismus noch vorherrschendes Regierung -und Gesellschaftsmodell in Europa war, machte man es sich noch insofern einfach, weil man einen Menschen viel eher nach seinen äusseren, koordinativen Identifikationsmerkmalen beurteilte. Noch keine hundert Jahre ist es her, als man aufgrund der Physiognomie meinte, man könne aufgrund der Gesichtsphysionomie sagen, wie ein Mensch sei. Diese äusserst zweifelhafte und auch triviale Methode verlor dann zugunsten der späteren Individualpsychologie an Popularität.

In Zeiten des europäischen Feudalismus war es der Stand, der zur Beurteilung herbeigezogen wurde. Religions/Konfessionszugehörigkeit und Herkunft.
Doch die fortschreitende Aufklärung gegen ende des 18. Jahrhunderts machte immer bewusster, dass das Handeln eines Menschen sich nicht von den äusseren, koordinativen Merkmalen ablesen lässt.

Die Handlung selbst in Anbetracht der Situation bildete nun den Stab der Waage der Justizia.

Doch manchmal frage ich mich, ob wir nun nicht in eine Epoche hineingeraten in der diese zivilisatorische Errungenschaft über das Menschenverständnis aufgegeben wird.

Ist uns unsere Welt doch zu gross, als dass wir fähig wären, genügend differenzieren zu können? Fordert das alltägliche Leben in seiner Flut an Information und Eindrücke doch sehr schnell mal in Beschränkung welche in Trivialität und Banalität enden kann?
Ist das Recht auf Meinungsäusserung gleichbedeutend mit Richtigkeit des Inhalt's?

Wie immer man diese Fragen auch beantworten mag, entscheidend ist, ob man sie sich bewusst und aufrichtig stellt.
Wenn wir nun Menschen danach wieder vermehrt beurteilen woher sie stammen, wo sie zugehörig sind, dann besteht die Gefahr des zivilisatorischen Rückfalls.

Klar ist : das Umfeld, die Umgebung und Eindrücke eines Menschen sind massgeblich am Handeln eines Menschen beteiligt. Doch jede Handlung geschieht innerhalb einer Situation.
Es ist also der Wert der situativen Handlung, an welcher sich ein Mensch zu messen hat.


An dieses simple Credo, an diesen Grundsatz sollten wir wieder vermehrt besinnen, wenn wir Menschen beurteilen.