Samstag, 16. August 2008

Ringparabel - ausgedient? Nr2

Die beiden genannten Interpretationen über Lessing's Ringparabel in "Nathan der Weise" sind also exemplarisch wie sehr wir bei Interprationen allegorischer Überlieferungen zu voreilig nach Richtigkeit streben.

Die Ringparabel ist Allegorie innerhalb eines literarischen Werkes, welches wiederum für eine Aufführung gedacht war. Dies schafft eine gewisse Abstraktion und wird durch die Handlung in "Nathan der Weise" selbst verkörpert. Quasi als bestätigende Geschichte um die Kernaussage herum.

Und natürlich betrifft dies in diesem Beispiel nicht "nur" das Verhältnis zwischen den drei monotheistischen Religionen, sondern auch unter den Konfessionen und jeweiligen Strömungen. Interreligiös, interkonfessionell wie aber auch bezüglich der religiösen Intensität. Vom religiösen Liberalismus bis hin zu Orthodoxie und gar Fanatismus.

Es betrifft die gesamte Kultur, ja es betrifft sogar das gesamte Denken des Einzelnen. So verlangen wir von der Überlieferung dass sie wahr zu sein hat. Und sonst soll sie sich gefälligst als Allegorie, als Mythos deklarieren! Doch führen wir uns da nicht selbst in die Irre, wenn wir nur noch zwischen "wahr" und "unwahr" unterscheiden?

Hinterfragen wir überhaupt noch die Kriterien die wir längst automatisiert haben?

Gewiss ist der Begriff "Wahrheit" ein für das menschliche Dasein essentieller Begriff.

Doch warum? Weil uns die Unwahrheit ebenso vertraut ist? Die Lüge, die Täuschung, die Ahnung? Ist es die Fantasie die uns in ihrer Abstraktion zur Realität Realiät erst bewusst werden lässt?

Unsere grösste menschliche Eigenschaft, die Vorstellungskraft, die uns ein Schnippchen schlägt?

Ein Paradox in der menschlichen Metaphysik!

Ob die Ringparabel also nun augedient hat oder nicht, hängt ganz von unserem Verständnis ab. Dieses jeweilige Verständnis ist geprägt von den eigenen Vorstellungen, Erfahrungen, von Bedürfnissen usw. Doch was da vom jeweils Einzelnen sich interkulturell, interreligiös auf das Kollektiv überträgt, ist nicht zu unterschätzen. Die Ringparabel ist meines Erachtens nicht einfach interkulturelles Eingeständnis à la "political correctness". Immerhin geht sie auf das 12. Jahrhundert zurück und ist somit längst Tradition. Doch das alleine legitimiert sie noch nicht. Sondern ihre inhaltliche Bedeutung. Eine Bedeutung welche über die allegorische Versinnbildlichung hinausgeht. Ein Zeugnis der religiösen, kulturellen Gleichwertigkeit . . .

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